168 Späte Gedanken
Späte Gedanken
Wie oft bemerken wir beiläufig, oder manchmal sogar fast
mit etwas Abscheu, diesen oder jenen könne man einfach
nicht ausstehen. Etwas stört uns, etwas stößt uns ab,
trennt uns von ihnen. Man verstehe ihn oder sie nicht,
nicht wie sie sprechen, wie sie sich geben.
Oder man habe ja grundsätzlich nichts gegen sie, sie
seien einem eben einfach unsympathisch.
Alles ganz einfach - und schwierig zugleich.
Zugegeben, man empfinde sie so, obwohl man es sich
eigentlich gar nicht erklären kann. Sie sollen sein, wie
sie sind, aber man wolle nichts mit ihnen zu tun haben.
Und dann stirbt so ein Mensch, der so anders war, als
wir, so scheinbar anders, und er rückt uns in Gedanken
näher, als er es zu Lebzeiten vielleicht jemals war.
Dieser nunmehr doch nicht so fremde Mensch, er hatte auch
Eltern, vielleicht sogar selbst Kinder, und irgend jemand
hatte ihn wohl auch gemocht, trotz seiner Fehler. Sicher
hatte auch er gute Seiten, wie eben alle andern. Und für
einen Augenblick tut uns leid um diesen Menschen, den wir
vorher scheinbar gar nicht gekannt hatten. - Er war uns
nur nicht sympathisch.
Sympathie heißt Neigung oder Zu-Neigung. Also nicht nur
ein passives Wort.
Vielleicht ist es doch noch nicht zu spät für den
nächsten "unsympathischen" Menschen.
P.K. Sept. 1993