158 Begeisterung - Dasein

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158 Begeisterung



Begeisterung

Verkleisterung lösen. Dösen ohne Grund, und Erwachen in allen
Sprachen. Zone des Unbekannten beschreiten. Stranden - und
Gezeiten gleich, Stund für Stund staunend mit den Wellen reiten.
Vor zurück, Stück für Stück, streichend über fliehend Ufer. Chor
auf eine Stimme bauend, schürt des Schaumes Feuer. Rauschen, durch
die Lüfte brausend, bricht den Fels.

Einsam Rufer, von der Zinne seiner Klippen, seiner Mauer, die nun
fällt, formt voll Hoffnung seine Lippen - neue Wort füllt alten
Raum. Scheues Lauschen. Ungeträumter Traum, wird plötzlich
Wirklichkeit. Angst verliert den Schrecken, Zweifel fliegen fort,
eine Welt voll Möglichkeit gebiert sich selbst, tausend andere
gilt es zu entdecken, fügen sich wie Ziegelsteine ins geliebte
Haus.

Wo Begeisterung tanzt, tritt Leben einen Schritt nach vor, Segen,
Glück und Freude, spiegeln wunderschönes Heute, unaufhaltsam
Morgen, Flucht der Sorgen scheint erfolgreich. Doch Vergleich in
ruhiger Stunde was Begeisterung so blind einst schuf, tausch
Gedanken mit anderen Menschen, find in anderer Runde Gegenpole,
dann erklingt der hohle Ruf, frei von täuschend Sinn.

Sei berauscht, laß dich beschenken, dich erfassen, von der
Vielfalt all der Wunder, die uns stets umgeben, Begeisterung hält
munter, läßt vieles sehen, doch wo überlassen, sich und andere die
große Freiheit miemt, geht ein Geist um, der sehr oft - mit Hassen
- voll Begeisterung, das was wir uns so erhofft, uns stiehlt.
Bloßes Beute machen, ist ein traurig Lachen, das sich schaurig in
die Herzen gräbt, wenn das Menschsein nur in Massen oder nur als
Einzelwesen sich versteht.

P.K. Mai 1990
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